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Rechtsrütschchen in Zürich und beschämend niedrige Wahlbeteiligung von 35,8%!
Der folgende Artikel bezieht sich auf die Zürcher Regierungsratswahlen vom Februar 2023. Er ist jedoch auch auf das Polittheater anlässlich gegenwärtiger National- und Ständeratswahlen übertragbar.
Mit einem «Rechtsrütschchen in Zürich» feiert die NZZ die Wahlen in Zürich, während sie im selben Atemzug zugibt, dass von einem Rechtsrutsch keine Rede sein kann. Gekonnt wird auch in diesem Artikel das irreführende Rechts/ Links Schema bedient, immer suggerierend, dass diese Einteilung noch irgendetwas zu bedeuten habe. In Wirklichkeit ist längst klar, dass die Unterschiede zwischen den Kandidaten marginal sind und, dass die Hauptmasse der Wähler, wenn sie denn überhaupt eine Überzeugung haben, dadurch motiviert sein dürfte, schlicht und einfach die bestehenden Verhältnisse aufrecht zu erhalten. Dies bestätigt nicht zuletzt die tiefe Wahlbeteiligung. Wären viele Leute zur Urne gegangen, wäre auch die Wahlverteilung diverser gewesen. Ebenfalls entlarvend ist der erste Kommentar des obigen NZZ Artikels: «Leider kein Wort zur beschämend niedrigen Wahlbeteiligung von 35,8%! Wenn nur gut ein Drittel wählen geht, ist das für eine Demokratie ein Armutszeugnis und das Desinteresse ein Zeichen von Wohlstandsdekadenz und Faulheit.»
Aber ist es wirklich ein Zeichen von Dekadenz und Faulheit, was die so beschimpften Nicht- Wähler auszeichnet? Oder haben sie vielleicht einfach begriffen: Um uns geht es hier nicht. Es spielt keine Rolle, wen oder was wir wählen. Auch, dass alle sieben bisherigen Mitglieder der Zürcher Kantonsregierung wiedergewählt wurden, spricht dafür, dass die Stimmenden von den bestehenden Regierungsräten mehrheitlich nur erwartet, dass sie die jetzigen Machtverhältnisse garantieren, aber nicht, dass sie etwas ändern. Wären die Abstimmenden unzufrieden mit der Regierung, wozu es allen Grund gäbe, hätte sie die bestehenden Politiker abgewählt. Aber in der Realität sind die Menschen, wenn die Stimmen denn korrekt ausgezählt wurden, wohl schlicht der Überzeugung, dass es hier nichts zu wählen gibt.
Politische Parteien
Am eindrücklichsten bestätigt wird dieser Sachverhalt von den Themen des Wahlkampfs: Die SVP fokussiert sich auf: «Zuwanderung und Sicherheit». Wer hätte es gedacht? Die Mitte sieht sich «als Partei des Kompromisses und der lösungsorientierten Konsens-Politik». Was der SRF-Kommentar eine regionale Besonderheit nennt[2]. In Wirklichkeit ist es eine vollkommene Nullaussage.
«Die FDP besann sich auf bürgerliche Werte. Sie schaltete auf Social Media Posts, die Kampfflugzeuge abbildeten und warb für Sicherheitsausgaben.» Während der erste Satz wiederum eine inhaltlose Aussage darstellt, entlarvt der zweite Teil die FDP als transatlantisch ausgerichtet. Nur wer mit der USA im Bett ist, kann ernsthaft einen F35 fordern. Genauso wenig hat die SP die Absicht die bestehenden Verhältnisse in Frage zu stellen. Das dokumentiert SRF-News mit dem Satz: «Die SP konzentrierte sich im Zürcher Wahlkampf auf sozialdemokratische Kernthemen wie Lohngerechtigkeit oder bezahlbaren Wohnraum. (…) versuchte aber auch, sich ebenfalls als Klima-Partei in der Bevölkerung zu verankern». Mit anderen Worten: Auf der einen Seite bedient die SP ihr Klientel (Staatsangestellte und Gewerkschaften) Auf der anderen Seite versucht sie noch ein wenig an der sinnfreien Klimaideologie der Grünen zu partizipieren.
Grüne Klimapolitik
Der Abstieg der Grünen wird schliesslich mit einem leichten Rückgang von 1,7 % Punkten bedauert. In den vergangenen Jahren seien mehrere grüne Anliegen wie etwa ein Verbot von Öl- und Gasheizungen beschlossen worden. Etwas anderes als ihre ideologisch geprägten Themengebiete Klimawandel, Ökologie und Biodiversität wird den Grünen auch in Zukunft nicht einfallen. Und das aus einem einfachen Grund: Umweltpolitik ist, wie mein Vater schon früh zu bemerken pflegte, überhaupt keine Politik, und zwar aus dem einfachen Grund, weil man nicht gegen Umweltschutz sein kann. Entweder gibt es den Bedarf die Umwelt zu schützen und Massnahmen zu treffen, um Verschmutzung und Zerstörung abzuwenden. Dann müssen sich alle Parteien für eine solche Politik einsetzen. Oder es existiert kein Bedarf. Damit zu politisieren ist Unfug. Niemand kann ernsthaft gegen Umweltschutz sein. Das bedeutet umgekehrt für die Grünen, dass sie reine Scheinpolitik machen. Sie politisieren für etwas, wozu keinerlei Notwendigkeit besteht. Genauso gut könnte man dafür votieren, dass die Leute ihre Kaugummipapierchen nicht auf die Strasse werfen. Das ist so weit richtig, und sicher sind wir alle froh, wenn die Strassen sauber sind. Aber kann das der Inhalt von Partei-Politik sein? Natürlich nicht. Es ist lediglich Aufgabe des entsprechenden Departements Umweltschutzrichtlinien um- und durchzusetzen.
Die Grünen profitieren von der Medialen Stimmungsmache, wonach eben ein Notstand herrsche, und man etwas machen müsse. Da man in Wirklichkeit gar nichts machen kann gegen die globalen Klimaveränderungen, können sich die Grünen dabei ständig als warnende Rufer in der Wüste präsentieren, während sie den Erfolg ihrer Politik nie unter Beweis stellen müssen. Denn wenn sich das globale Klima verändert, ist das sicherlich nicht das Resultat grüner Politik und verändert sich das globale Klima nicht, ist das auch nicht das Resultat ihrer Politik. Für den heutigen Politiker aber schlussendlich ideal. Er muss an den bestehenden Verhältnissen nichts ändern, und kann dem Wähler zugleich suggerieren, dass er sich unablässig für Veränderungen engagiert.
Sorgt die SVP für Ordnung und Sicherheit?
Dieselbe Nummer auf der anderen Seite. Die SVP politisiert seit Jahrzehnten mit Einwanderungspolitik und Sicherheit. Auch hier gilt; Niemand kann wirklich gegen die Einhaltung der Gesetze im Asylbereich, oder gegen Sicherheit sein. Damit hat man die idealen Themen gesetzt, gegen die sich niemand aussprechen kann. Gleichzeitig ist der eigene Spielraum beschränkt und die SVP wird selten dazu kommen den Beweis anzutreten, dass sie wirklich etwas «tut». Der Einwanderungsdruck bestimmt sich primär durch internationale Bedingungen, wie Fluchtbewegungen aus dem Ausland und unsere Bündnispolitik. Anhand der Ukraine-Politik konnte man jüngst eindrucksvoll beobachten, wie Migration gelenkt wird. Sobald die Medien eine entsprechende Stimmung aufbauen, wonach es als unpatriotisch oder unsolidarisch gilt Ukrainer nicht aufzunehmen, plädiert auch die SVP nicht gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Bei Menschen, die keine mediale Lobby haben, wie Syrer, oder Afghanen, und die von unseren Bündnispartnern (USA) bombardiert wurden, kann man hingegen darauf verzichten einen Sonderstatus zu ihrem Schutz zu aktivieren.
Die Politik von rechts bis links verbindet mehr als sie trennt
Der Spielraum der Politik etwas zu verändern, wird stets klein gehalten. Ob Zuwanderung und Sicherheit, bürgerliche Werte, Kampfflugzeuge, Lohngerechtigkeit oder bezahlbaren Wohnraum, Klimawandel, Ökologie oder Biodiversität. Keines dieser Themen wird von den bestehenden Politikern und Kantonsräten gross verändert werden können, noch haben sie die Absicht dies zu tun. Sie werden gewählt, um diejenigen Machtverhältnisse aufrecht zu erhalten, von denen ihr Klientel profitiert. Während man über die eigentlichen Prioritäten nicht spricht, ist es die Aufgabe der Politiker von ihnen abzulenken. Es ist ihre Aufgabe so zu tun, als würden sie irgendetwas verändern (wollen). Und darum legen sie ihre politischen Themen möglichst so fest, dass sie darüber zwar endlos diskutieren können, jedoch niemals dazu kommen, den Nachweis dafür erbringen zu müssen, dass die eigene Politik erfolgreich ist.
Der schlagendste Beweis dafür ist die Politik der Grünen. Ob es den Grünen gelingt dafür zu sorgen, dass etwas mehr Luft oder etwas weniger (CO2) verbraucht wird, wird niemals irgendeinen auch nur annährend messbaren Effekt haben. Das Einzige, was man tun kann, ist, den CO2-Ausstoss zu messen. Und damit haben wir das ideale Thema für jeden Politiker gesetzt und dasjenige, an dem er sich wirklich messen lassen kann und will: Wieviel heisse Luft er verbreitet.
[1] https://www.nzz.ch/meinung/wahlen-zuerich-jetzt-muessen-die-buergerlichen-allianzen-schmieden-ld.1725588?ga=1&kid=nl165_2023-2-12&mktcid=nled&mktcval=165_2023-02-13
[2] https://www.srf.ch/news/schweiz/statistik-zu-zuercher-wahlen-wer-in-zuerich-gewinnt-gewinnt-auch-bei-den-nationalen-wahlen